16 Jahre ist es nun her, dass Oury Jalloh auf dem Dessauer Polizeirevier ums Leben kam. Die faktischen Beweise sind eindeutig: Am 07.01.2005 wurde Jalloh in der Gewahrsamszelle 5 gefesselt, misshandelt und verbrannt. Trotzdem vertreten alle bisher getroffenen juristischen Urteile eine Selbstentzündungshypothese mit Bezug auf ein tatortfremdes Feuerzeug. Neben dem gerichtsfest rechtswidrigen polizeilichen Vorgehen mit Oury Jalloh – ebenso in zwei weiteren bekannten Mord-Fällen in Dessau (Hans-Jürgen Rose 1997 und Mario Bichtemann 2002) – wurden bereits zu Beginn der Ermittlungen Spuren aktiv von der Polizei manipuliert und unzulänglich gesichert. Im Laufe der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft Dessau und anschließend der Staatsanwaltschaft Halle wurden an den Fall unangepasste Gutachten erstellt, existierende Gutachten fehlinterpretiert oder sogar ignoriert. Durch einen zuletzt veröffentlichten Bericht der Sonderberater des Landtages Sachsen-Anhalt Jerzy Montag und Manfred Nötzel stellten sich die Behörden durch das Unterbinden von Befragung erneut als an der Aufarbeitung desinteressiert heraus. Zudem berichten die Sonderberater über die bewusste Täuschung des Landtags durch Justizministerin und Staatsanwalt. Doch auch Montag und Nötzel übernehmen die Täterversion mit Selbstanzündungshypothse und vernachlässigen in ihrem Bericht strukturelle Probleme wie den polizeilichen Korpsgeist und rassistische Strukturen in Staat und Gesellschaft. Für eine politische Aufarbeitung des Mordes an Oury Jalloh bedarf es jedoch einer umfassenden Untersuchung unter Einbezug struktureller Mechanismen, die polizeiliche und rassistische Gewalt ermöglichen und schützen.

Die Fälle von rassistischer Gewalt durch die Polizei oder deren Vertuschung häufen sich. So auch bei Yangjie Li 2016, die von einem Dessauer Polizistensohn und dessen Freundin vergewaltigt und umgebracht wurde, woraufhin Spuren und Beweise von der Dessauer Polizei manipuliert wurden. Dass Yanjie Li und Oury Jalloh keine Einzelfälle rassistischer Gewalt im Zusammenhang mit der Polizei sind, wird ebenfalls deutlich am Austausch rechtsextremer Ideologien innerhalb von Teilen der Polizei, die sich in Whatsappgruppen organisieren oder an der aktuellen Verwicklung von Polizist:innen in den NSU 2.0. Mit der Kenntnis über rassistische Kontinuität in staatlichen Institutionen und den Folgen, wenn diese gegen sich selbst ermitteln überrascht es kaum, dass Horst Seehofer mit den geringen Zahlen von rechtsextremen Fällen im Lagebericht des Verfassungsschutzes keine strukturellen Probleme in den Sicherheitsbehörden bewiesen sieht und externe, unabhängige Kontrollinstitutionen als überflüssig ansieht. Wird rechtsextreme Gewalt juristisch verhandelt wie in dem Prozess gegen den Attentäter von Halle, lässt sich eine Kontinuität des Narratives der Einzeltäter erkennen, wodurch eine Verortung in gesellschaftliche Verhältnisse verhindert wird.

Wir fordern eine vollständige juristische und politische Aufarbeitung rassistisch motivierter Gewalt, denn Rassismus ist kein Einzeltäter:innendelikt. Rassismus ist Teil unserer gesellschaftlichen Struktur, unserer Normalität. Wir bekämpfen diese Normalität und den Staat, der sie verteidigt! Zum Gemeinsamen Gedenken in Halle treffen wir uns heute ab 15:30 am Marktplatz.

Nähres zur Initiative in Gedenken an Oury Jalloh: https://initiativeouryjalloh.wordpress.com/

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